Orchideen in Baden-Württemberg
Orchis militaris L.
Helm-Knabenkraut
Synonyme: Orchis cinerea, Orchis rivini
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Merkmale
Knollengeophyt, aus dem sich im Spätherbst ein unterirdischer Austrieb bildet; er treibt im Spätwinter eine oberirdische Rosette. Die Blattzahl beträgt 3-7, von denen 2-5 am Grund rosettig gehäuft sind. Die hellgrünen Blätter sind glänzend, aufwärts gerichtet und ungefleckt; sie sind 8-15 cm lang und 2-5 cm breit. Die 1-3 Stängelblätter sind scheidig, das oberste ist 8-16 cm lang, erreicht den Blütenstand aber nicht.
Der Blütenstand wirkt breit ausladend und im aufblühenden Zustand zugespitzt; er ist 5-20 cm lang und mit 19-60 mittelgroßen Blüten dichtblütig. Die Tragblätter liegen dem gedrehten Fruchtknoten an. Petalen und Sepalen bilden einen geschlossenen Helm, der auf der Außenseite weiß, auf der Innenseite entlang der Nerven streifig violettrot gefärbt ist. Die Lippe ist tief dreilappig in weißer Grundfarbe, zum Rande zunehmend violettrot. Sie ist mit büscheligen violettroten Papillen besetzt, 10-14 mm lang und 11-15 mm breit. Die Seitenlappen der Lippe sind 1-2 mm breit und 6-11 mm lang, linelisch gebogen und am leicht verbreiterten Ende abgerundet. Der Mittellappen ist zweigeteilt, oft mit einem kleinen Zahn an der Spreizung versehen; die einzelnen Enden sind jeweils 2-3,5 mm breit und 7-11,5 mm lang. Die abgerundeten Enden sind am Ende stumpf und leicht aufwärts gebogen. Duft, Form und Farbe der Blüten imitieren eine Nektarblume; der Sporn führt jedoch keinen Nektar.
Vegetations- und Blühzeiten
Die Tochterknolle bildet im Spätherbst einen unterirdischen Austrieb, der dicht unter der Erdoberfläche überwintert. Im Spätwinter treibt er eine oberirdische Rosette, aus der sich bei stärkeren Pflanzen ein Blütentrieb entwickelt. Die Blütezeit beginnt je nach Höhenlage Anfang bis Mitte Mai. Es erfolgt eine Insektenbestäubung mit einem mittleren Fruchtansatz. Samenreife tritt ab Mitte Juli ein. Die Vorjahresknolle vergeht anschließend.
Variabilität
Die Blütenform ist vor allem hinsichtlich der Maße variabel; die Farbe schwankt zwischen rosa bis purpurrot; auch kommen rein weiße Blüten vor. Bekannt sind Missbildungen der Blüte ohne Seitenlappen oder mit spitzer ungeteilter Vorderlippe.
Hybriden
Hybriden mit den nahe verwandten Arten Orchis pupurea und O. simia sowie Aceras anthropophorum kommen auch in Baden-Württemberg vor. Letztere Art ist genetisch nahestehend, auch wenn sie spornlos ist und Nektar bildet. Die recht häufigen Hybriden mit O. purpurea zeigen Farbe auch auf den äußeren Blütenteilen des Helms. Generell weisen alle hier genannten Hybriden eine gegenüber den Eltern abweichende Färbung der Blüten und eine andere Form des Blütenstandes auf.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
O. militaris kann kaum verwechselt werden. O. purpurea ist im Habitus kräftiger und hat anders gestaltete Blüten. Die Seitenteile der Lippe von O. simia sind kräftiger gefärbt, aber schmal gerundet und nicht flächig.
Wuchsorte
Die Art besiedelt basen- und kalkreiche Halbtrockenrasen, Raine, Böschungen und auch feuchte Wiesen. Sie verträgt stickstoffärmste und stickstoffarme Standorte. Bei leichten Böden meidet sie vollsonnige und trockene Standorte und zieht sich an Gebüschränder zurück. Sie besiedelt auch Sekundärstandorte.
Verbreitung
In Baden-Württemberg besiedelt O. militaris kalkreiche Löß-, Lehm und Tonböden und ist außerhalb der Urgesteinsregionen weit verbreitet und gebietsweise häufig.
Gefährdung
O. militaris ist gefährdet durch Aufgabe der traditionellen Mahd wie durch Intensivierung der Weidewirtschaft und Düngung. Sie findet auf den Kalk- oder Lößmagerrasen wie Sekundärstandorten aber gute Bedingungen, wenn durch jährliche Pflege mit Abräumen des Mähgutes eine Nährstoffanreicherung und Verbuschung vermieden wird. Landesweit gilt sie als potentiell gefährdet.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Orchis militaris - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 590 – 595. - Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten: 229. - Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld
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