Orchideen in Baden-Württemberg
Ophrys apifera Huds.
Bienen-Ragwurz
Synonyme: O. arachnites Miller, Ophrys austriaca, Ophrys aquisgranensis
Beschreibung ein- / ausblenden
Merkmale
Knollengeophyt mit zwei unterirdischen eirunden Knollen, 2-3 lanzettliche, blaugrüne Rosettenblätter, 3-8 cm lang und 1-2 cm breit, 2-4 scheidige Stängelblätter, das oberste 2,5-8 cm lang, die Blütenähre nicht erreichend. Stängel kräftig, 18-35 cm hoch, Blütenstand langgestreckt, leicht einseitswendig, 5-16 cm lang und locker mit (1) 2-9 mittelgroßen Blüten. Tragblätter hellgrün, krautig, einwärts gerollt, die unteren länger als die Blüten, die oberen etwa gleichlang. Sepalen weißlich, rosa bis purpurn, ausgebreitet bis zurückgeschlagen mit grünen Mittelnerven. Seitliche Sepalen länglich eiförmig, 13-16 mm lang und 5-8 mm breit. Mittelsepal aufwärts gerichtet bis zurückgeschlagen, 12-17 mm lang und 5-8 mm breit. Petalen sehr variabel, meist länglich-linealisch, aus breiterer Basis nach außen verschmälert, geöhrt, grünlich bis rosa überlaufen, am Rande eingerollt, mit hellen Haaren besetzt, etwa 1/3 bis 1/4 so lang wie die Sepalen, 3-4 mm lang und 1,1-1,6 mm breit, meist etwas nach vorn gerichtet. Lippe dreilappig, nach den Seiten und dem Ende stark bauchig gewölbt, 8-12 mm lang über den Höckern 8-12 mm und über der Mitte 7-9 mm breit. Seitenlappen der Lippe herabgeschlagen, die Höcker leicht hornartig (bis 4 mm) verlängert und auf der Innenseite leicht grünlichgelb und kahl, auf der Außenseite dicht und lang mit bräunlichen Haaren besetzt. Mittellappen kastanienbraun, im Zentrum kahl, an der Randzone behaart. Malzeichnung reduziert, das gelbbraune Basalfeld umrahmend, braunviolett mit gelblichgrüner Umrandung, gelbgrüne punkt- oder fleckenförmige Rudimente in den Winkeln zwischen Mittel- und Seitenlappen und dem Lippenende. Narbenrand mit zwei kleinen roten Staminodialpunkten. Basalschwielen gelblich-grünlich, schwarz gezeichnet. Narbenhöhle von einem rotbraunen Transversalband durchzogen. Konnektivfortsatz S-förmig gebogen, 1,5-2mm lang. Pollinarien langgestielt, hellgelb mit getrennten Viscidia und Bursiclae.
Vegetations- und Blühzeiten
Blütezeit Mitte Mai bis Mitte Juli, Hauptblütezeit Ende Mai bis Ende Juni. Der Fruchtansatz ist für die Gattung Ophrys extrem hoch (zw. 72 und 89%) dank obligater Autogamie. Die Pollenfächer öffnen sich von selbst, die Pollinarien neigen sich auf Grund der Schwerkraft und der langen S-förmig gebogenen Stielchen langsam bis auf die darunter liegende Narbe und kleben auf dem Stigma fest. Fruchtreife ab August. Starke jährliche Bestandsschwankungen.
Variabilität
Auf Grund der obligatorischen Autogamie ist Ophrys apifera innerhalb einer Population meist relativ einheitlich ausgebildet. Die zahlreichen Varietäten haben in der Regel kein eigenes Areal.
Ophrys apifera var. aurita, langohrige Varietät (verlängerte Petalen, schmal, aber bis 7 mm lang)
Ophrys apifera var. bicolor, zweifarbige Varietät (Lippe in zwei farblich stark unterschiedlich gefärbte Lippenabschnitte geteilt)
Ophrys apifera var. trollii, Trolls Varietät (Lippe flach, Seitenlappen ungehöckert, Mittellappen schmal, zugespitzt und ohne Zeichnung, das Anhängsel spitz und nach unten gerichtet, sehr selten)
Ophrys apifera var. friburgensis, Freiburger Varietät (blumenblattartig gefärbte und vergrößerte Petalen, 9-11 mm lang, 3-4 mm breit, flache Lippe, unregelmäßig gefärbt, ungehöckerte Seitenlappen, selten, am Oberrhein gelegentlich populationsbildend), (Syn. Ophrys apifera var. botteronii)
Ophrys apifera var. badensis, Badische Varietät (blumenblattartig gefärbte und vergrößerte Petalen, 9-11 mm lang, 3-4 mm breit, normale Lippe) (Syn.: Ophrys apifera var. jurana). Die Neuschaffung des letztgenannten Taxons geschah aus nomenklatorischen Gründen. Die Meinungen dazu sind geteilt.
Ophrys apifera var. saraepontana, Saarbrückener Varietät (steht zwischen var. jurana und var. friburgensis).
Die Bezeichnungen immaculata und chlorantha beziehen sich auf gelblich bis grüngelbe Varianten mit Farbausfall ohne evolutive Bedeutung (Apochromie).
Hybriden
Mit allen in Deutschland vorkommenden Ophrys-Arten
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Das unter die Lippe umgeschlagene Anhängsel und der lange, gebogene Konnektivfortsatz machen die Art unverwechselbar.
Wuchsorte
Kalk-Magerrasen, Trocken- und Halbtrockenrasen, lichte Eichen-Kiefern-Bestände, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte, Warme, mäßig trockene (selten wechseltrockene), kalkreiche, humose, lockere Löß- oder Kalksteinböden (auch Dolomit).
Gefährdung
Verbuschung und Aufforstung von Magerrasen stellen gegenwärtig die größte Gefährdung dar.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Ophrys apifera Huds. - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 537 – 547.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Künkele, S. & H. Baumann (1998): Ophrys apifera Huds. - In: Sebald & al. (Hrsg): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Band 8: 405ff. - Stuttgart.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2004): Taxonomische Liste der Orchideen Deutschlands - Nachtrag.- J. Eur. Orch. 36(3): 769 - 780.
Lewis, L. & C.A.J. Kreutz (2012): Ophrys apifera Huds. var. badensis var. nov. - J. Eur. Orch. 44(12): 403 - 412.
Hammel, S. (2008): Ophrys apifera Huds. in Scherrasen des Cynosurion Tx. 47-Verbandes.- J. Eur. Orch. 40(1): 3 - 23.
Text: Monika Hirth
Verbreitungskarte ein- / ausblenden