Orchideen in Baden-Württemberg
Gymnadenia conopsea (L.) R.Br.
Synonyme: Orchis conopsea, Gymnadenia conopsea subsp. montana, Gymnadenia sibirica, Gymnadenia alpina, Gymnadenia conopsea var. sibirica, Gymnadenia vernalis, Gymnadenia splendida subsp. splendida, Gymnadenia splendida subsp. odorata, Gymnadenia conopsea subsp. serotina, Gymnadenia graminea
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Merkmale
Knollengeophyt mit zur Blütezeit zwei zur Mitte hin handförmig geteilten, seitlich zusammen gedrückten Knollen und kurzen, dicklichen Wurzeln. Der Trieb für das Folgejahr entwickelt sich nach der Blütezeit aus der Tochterknolle. Dieser Trieb wächst bis unter die Erdoberfläche; gleichzeitig entwickelt sich am Sprossboden bereits eine neue Knolle, aus der im folgenden Sommer der nächste Trieb heranwächst. Aus dem überwinterten Trieb entwickeln sich im Frühjahr oberirdische Laubblätter und bei kräftigen Exemplaren der Blütenstängel. Der Stängel kann 35 – 100 cm hoch werden. Auf zwei Schuppenblätter folgen 6 – 15 ungefleckte Stängelblätter, von denen am Grunde 2 – 5 rosettig angeordnet sind. Die Stängelblätter sind linealisch-lanzettlich, 10 – 25 cm lang und 1 – 4 cm breit, kielartig nach oben gewölbt, an der Spitze stumpf. Die obersten Blätter sind tragblattartig. Der Blütenstand ist langgestreckt, zylindrisch, allseitswendig, 7 -30 cm lang und locker bis dicht mit 25 – 140 kleinen, stark duftenden Blüten besetzt. Die Blütenfarbe schwankt zwischen rosa und rotlila, selten weiß. Die grünen Tragblätter sind 9 – 20 mm lang und aus breitem Grund am Ende zugespitzt, die unteren doppelt so lang wie der gedrehte Fruchtknoten. Die seitlichen Sepalen sind zurückgeschlagen, oft rückwärts eingerollt, 5 – 10 mm lang und 2,7 – 4,5 mm breit. Das mittlere Sepal und die Petalen bilden einen Helm, der die Säule bedeckt. Die Lippe ist dreilappig, breiter als lang, ohne Zeichnung, die Seitenlappen vom Lippengrund abwärts nach außen weisend; der Mittellappen etwas vorgezogen. Der stecknadelförmige Sporn ist mit 15 – 20 mm extrem lang, abwärts gebogen und im hinteren Teil sichtbar mit Nektar gefüllt. Er ist eineinhalbmal bis doppelt so lang wie der Fruchtknoten. Der Fruchtansatz ist sehr hoch bis auf die obersten Blüten, die regelmäßig verkümmern.
Vegetations- und Blühzeiten
Gymnadenia conopsea blüht ab Mitte Juni. Fruchtreife tritt ab Mitte August ein.
Variabilität
Die Variabilität von Gymnadenia conopsea ist ungewöhnlich groß; sie ist vorwiegend diploid (2n=40), teils auch polyploid (2n=80, 100, 120). In der Vergangenheit wurden etliche Versuche unternommen, die Art in Subspezies und Varietäten zu unterteilen, die sich bis heute nur teilweise durchgesetzt haben. Eine großwüchsige var. densiflora zeichnet sich durch breite Blätter, einen großen dichten Blütenstand mit etwas größeren Blüten aus; sie blüht später und bevorzugt feuchte Habitate. Diese Varietät ist polyploid (2n= 80). Sie tritt populationsweise sowie in Einzelexemplaren auch mit der Nominatsippe auf; Einkreuzungen sind anzunehmen. In den Alpen tritt subsp. montana auf; sie ist zierlicher und hat weniger Blüten als die Nominatsippe. Die Variabilität der Nominatsippe kann darauf zurückzuführen sein, dass sie u. a. durch Langrüsselfalter besucht wird, die durch die unterschiedliche Länge der Rüssel und unterschiedliche Flugzeiten zu einer gewissen Aufsplitterung der Art geführt haben.
Hybriden
Hybriden kommen häufig vor mit Gymnadenia odoratissima, sind aber auch bekannt mit Arten aus den Gattungen Dactylorhiza und Nigritella sowie mit Pseudorchis albida.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Die Art ist in verwechselbar mit Gymnadenia odoratissima, die aber in allen Maßen kleiner ist, vor allem hinsichtlich der Spornlänge (3,7 – 5,5 mm).
Wuchsorte
Gymnadenia conopsea besiedelt sowohl silikatische wie auch Kalkstandorte. Die Art kommt in Deutschland verbreitet vor, hier vor allem auf Kalkstandorten. Dort besiedelt sie Feuchtwiesen, Moorwiesen und Halbtrockenrasen auf mehr oder weniger nährstoffarmen humosen Lehm- und Tonböden. Diese können schwachsauer bis basisch sein.
Verbreitung
Gymnadenia conopsea kommt im Flach- und Hügelland sowie in den Alpen vor, subsp. montana nur in den Alpen bis etwa 2.800 m Höhe.
Gefährdung
Durch großflächigen Nutzungswandel und Intensivierung der Landwirtschaft sind in der Vergangenheit zahlreiche Populationen verloren gegangen. In Naturschutzgebieten sowie Sekundärbiotopen an Straßenböschungen sind aber große Populationen zu finden. In den Kalkgebieten Süddeutschlands ist die Art nur potentiell oder nicht gefährdet, solange die Vorkommen regelmäßig gepflegt werden.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Gymnadenia conopsea. - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 445 – 452.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten:- Stuttgart.
Delforge, P. (2016): Orchidées d´Europe, d´Afrique du Nord et du Proche-Orient, 4. Auflage,- Paris.
Text: Dietrich Bergfeld
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